Die erste Begegnung 1959

"Mama ist das Meer aber groß"

1959 .... was für ein Jahr !Viele glauben, das die Erinnerung die Realität verzerrt,aber an dieses Jahr erinnere ich mich nur zu genau. Ich hatte immer wieder schlimme Halsentzündungen und so wurde beschlossen, "Das Kind muß an die Nordsee".

Unsere Kirchengemeinde besitzt ein Haus auf der Insel Spiekeroog,"Haus Göttingen".Dort sollte es hingehen. Eines Tages brachten wir mit Fahrrädern unseren Koffer zu einer Garage, in der Busse standen.Dann, mitten in der Nacht ging es los. Es war ein großer Bus mit vielen Leuten, meiner Mutter und mir,und hintendran hing ein Wagen für das Gepäck.Durch Hannover, Syke, Bremen und schließlich ........Neu Harlingersiel... das Meer, ein Schiff.Und ab ging es auf die Insel.....

Drei Wochen auf Spiekeroog lagen vor uns. Wir kamen am Anleger an und dann ging es mit einer tollen kleinen Bahn zum Ort. Von Bahnhof aus mußten wir noch ein ganzes Stück laufen... solche Straßen hatte ich noch nie gesehen, sie waren aus Sand und auf einer Seite gab es einen Bürgersteig aus roten Pflastersteinen. Auf den Straßen fuhren Pferdenfuhrwerke...Im Ort waren mehrere kleine "Tante- Emma" Lädchen mit den herrlichsten (kitschigen) Andenken. Fähnchen, kleine Muschelkästchen,kleine Spielzeugmatrosen mit Rettungsringen und vieles mehr..... bei der alten Inselkirche hatte "Onkel" Jansen seinen Lebesmittelladen, ich habe ihn als einen großen, freundlichen Menschen mit einer dicken Knubbelnase in Erinnerung.......

Haus Göttingen war ein altes Inselhaus mit einer großen Veranda zu beiden Seiten.Unser Zimmer war schon eigenartig, es befand sich im ersten Stock unt hatte statt einer Tür einen großen Vorhang.Es war ein abgetrennter Erker. Ein Fenster führte zum Garten und man konnte die kleinen Holzbaracken sehen, die zum Teil Urlauber behergten und zum Teil als Wasch- und Toilettenräume dienten. Vom Fenster aus war es nur ein ganz kleines Stück auf das große Flachdach, was fast um das ganze Haus führte. Dazu später........

Hinter dem Haus führte ein Weg, der Slurpad,durch ein kleines Wäldchen, wie ein Tor zu einer anderen Welt sah es aus, weiter, hoch und runter durch die Dünen, schließlich über Holzbohlen und dann ...... das Meer und der Strand...... überwältigend, zumal für ein Kind. Endlos weit und weiß und soo sandig.Wie einTraum...

Unterhalb des Holzbohlenweges stand ein Schild "Privatbadestrand Haus Göttingen" Das sagte mir meine Mutter. Ich glaube so ein überwältigender Anblick, wie das Meer, ist mit nichts zu vergleichen...Wir hatten eine herrliche Zeit, im Wasser, am Wasser, bei langen Spaziergängen an Strand und in den Dünen. Selbst meine Mutter "spielte", zu meinem Erstaunen, mit dem Sand.....

Einmal durfte ich mit meiner Mutter in die Milchbar "zur bunten Kuh" (heute der hintereTeil von Swantje Wilms Kunstgewerbeladen) und ab und zu gab es Pommes. So auch an einem Abend, der sowohl mir als auch meiner Mutter sicher immer im Gedächnis bleiben wird. Sie war für mich Pommes holen gegangen und ich versprach ganz artig im Zimmer zu warten.. ich schaute aus dem Fenster "zum Hof" und da sah ich, auf dem Dach vor mir einen wunderschönen Seestern liegen. Den wollte ich haben. Also ...... das Fenster auf , die leichte Schräge aufs Flachdach hinuntergerutscht und ich hatte ihn. Aber nun war guter Rat teuer... hinunter war ja soo einfach gewesen, aber ich konnte nicht mehr zurück.......So spazierte ich fröhlich auf dem ganzen Dach herum, bis meine Mutter wieder kam.Doch das Wiedersehen war etwas anders als erwartet.. ich winkte ihr fröhlich entgegen als ich sie sah und sie ...fiel fast in Ohnmacht. Ich glaube an diesem Abend habe ich das erste Mal den Popo versohlt bekommen.

Sonntags war Gottesdienst, nein nicht in einer Kirche, die winzige alte Inselkirche hätte gar nicht ausgereicht für all die Menschen. Der Gottesdienst fand im kleinen Wäldchen (bi d' Utkick) statt, man saß auf Dechen zwischen den Bäumen und auf Blasinstrumenten wurden die Kirchenlieder begleitet.An den Pfarrer habe ich keine Erinnerung mehr, aber an die Musik und das Rauschen des Windes in den alten Bäumen....

So vergingen die herrlichen Tage am Meer und in mir entstand , wieder zu Hause, die ewige Sehnsucht nach meiner Trauminsel........

 

 

©Anne Kumme